Ergonomie und Sitzen

Womöglich erkennen Sie Ihren Tagesablauf in folgender Beschreibung wieder:

7:20 -7:45 Uhr: Sitzen beim Frühstück; 8:00-8:30 Uhr Sitzen bei der Fahrt ins Büro; 8:45 - 16:30 Uhr Sitzen im Büro; 16:40-17:35 Uhr Sitzen bei der Fahrt nach Hause; 19:00 – 19:30 Uhr sitzen beim Abendessen; 20:00-22:30 Uhr Sitzen beim Fernsehen.

 

Körperliche Inaktivität stellt eine entscheidende Ursache für viele Stoffwechsel- und Herz-Kreislauferkrankungen dar. Lange Sitzzeiten können Wirbelsäulen- und Gelenkserkrankungen hervorbringen. Dass der Mensch ein Bewegungstier" ist, zeigen wissenschaftliche Disziplinen, die sich mit seiner Entstehungsgeschichte beschäftigen. Das Entstehen der technischen Zivilisation machte aus dem Homo sapiens einen Homo sedens, also aus dem „weisen“ einen „sitzenden“ Menschen. Das Heer der sitzenden Menschen wächst, da es immer mehr Bildschirmarbeitsplätze gibt, inzwischen rund 20 Millionen. Das heißt, wir haben schlechte Ausgangsbedingungen, um unseren Wirbelsäule gesund zu halten. Es sei denn Sitz-Verhalten und Möbel wirken den negativen Ausgangsdingungen entgegen.

 

„Sitzen ist doch bequem, warum soll das schlecht sein?“, fragen Sie sich vielleicht, denken aber nicht an das grundsätzliche Problem des Sitzens. In der Sitzposition wird die die Wirbelsäule aus ihrer natürlich geschwungenen Form gebracht und ihre Strukturen nicht mehr gleichmäßig belastet. Wir kennen alle die „Croissant-Position“, die das nach vorne Einfallen mit Rundrückenbildung anspricht. Des weiteren besteht durch lange Sitzphasen die Gefahr einer unzureichenden Nährstoffversorgung der Bandscheiben und einer Überlastung der Muskulatur. Bandscheiben, insgesamt 23, schaffen das fast unmögliche. Sie dämpfen als biologischen Stoßdämpfer Stöße und sorgen gleichzeitig für eine gute Beweglichkeit der Wirbelsäule. Leider werden Bandscheiben nicht von Adern durchzogen, über die sie ernährt werden können. Auch schmerzen sie nicht bei Mangelversorgung, da eine Nervenversorgung fehlt. Sie leben vielmehr durch einen ständigen Wechsel von Belastung und Entlastung. Wie ein Schwamm nehmen sie Flüssigkeit und Nährstoffe bei Entlastung auf und geben Abfallprodukte bei Belastung ab. Zur Ernährung der Bandscheiben ist es erforderlich, dass wir uns während und zwischen den Sitzphasen so viel wie möglich Bewegen. Dies sollte schon im Kinder und Jugendalter gelernt werden. Besonders in Anbetracht des zunehmenden Bewegungsmangels bereits in jungen Jahren, der dazu führt, dass sich das Muskelkorsett nicht richtig ausbildet.

Langandauerndes Sitzen in einer nahezu unveränderten Sitzhaltung führt aber zu einer Stagnation des Bandscheibenstoffwechsels. Schlecht ernährte Bandscheiben sind zwangsläufig weniger leistungsfähig und anfälliger gegenüber Belastungen und verschleißen früher. Leider führen Bandscheibenerkrankungen zu schmerzhaften Folgeerkrankungen der Wirbelsäule. Es sollte inzwischen selbstverständlich sein Sitzmöbel zu besitzen oder zur Verfügung gestellt zu bekommen, die das dynamische Sitzen unterstützen.

 

Aber nicht nur Ihre Bandscheiben danken Ihnen die Bewegung beim Sitzen, auch Ihre Muskulatur. Durch statische Muskelarbeit, die immer bei bewegungslosem Sitzen geleistet wird, haben ihre Muskeln, besonders die des Rückens und Nackens, keine Chance sich zu entspannen. Diesen Dauerstress beantworten sie mit Verspannung, dann Verhärtung und schließlich mit Schmerz und Steifigkeit. Durch dynamische Muskelarbeit, also Bewegung, vermeiden sie dies.

 

Was bedeutet also richtiges Sitzen?

Wie der Begriff dynamisches Sitzen andeutet, gibt es nicht die eine richtige Sitzposition. Zwar kann man der aufrechten Sitzposition eine herausragende Stellung zusprechen, da sie für alle Wirbelsäulenabschnitte sowie für die inneren Organe und die Atmung gesundheitlich förderlich ist. Eine dauerhafte Einnahme dieser Position ist aber unrealistisch, sie führt sehr schnell zu einer Ermüdung. Vielmehr gilt es, einerseits durch ständigen Wechsel verschiedenster Sitzpositionen die Ernährung der Bandscheiben zu sichern und der Überlastung der Muskulatur entgegenzuwirken. In diesem Sinne dürfen Sie gerne im Stuhl lümmeln und auch mal weit in den Sitz rutschen. Sie bestimmen was bequem ist. Untersuchungen zeigen, dass die zurückgeneigte Arbeitshaltung eine deutliche Entlastung für Ihre Rückenmuskulatur und Ihre Bandscheiben darstellt. Allerdings ist auch das keine zu empfehlende Dauerhaltung. Wie gesagt: Wechseln Sie ständig Ihre Position.

Andererseits bedeutet gutes Sitzen wenig sitzen. Sie sollten so viel als möglich aufstehen und ein paar Schritte gehen. Verlangt das Ihr Arbeitsablauf, ist das umso besser, wenn nicht, müssen Sie sich Aufsteh- und Bewegungsgelegenheiten selbst schaffen.

Zum richtigen Sitzverhalten gehört auch, die Funktionen seines Sitzmöbels, ihre richtige Anwendung sowie einige Aktivierungs-, Entspannungs- und Dehnübungen zu kennen.

 

Als tägliche Orientierung sollten bei Ihnen die verschiedenen Arbeitshaltungen folgende Anteile zeigen: 50 % dynamisches Sitzen, 25 % Stehen, 25 % Gehen oder Bewegen. Bei einem achtstündigen Arbeitstag bedeutet das: vier Stunden zu sitzen, zwei Stunden zu stehen oder zu gehen. Während des Sitzens sollten Sie mindestens viermal pro Stunde Ihre Sitzposition wechseln, mindestens zweimal pro Stunde aufstehen und zweimal pro Stunde kurz Ausgleichsgymnastik betreiben.

Das dynamisches Sitzen wird durch folgende Funktionen eines Stuhles unterstützt:

  • die Sitzfläche dreht sich um die Längsachse
  • der Stuhl besitzt Rollen
  • die Sitzlehne ist neigbar
  • der Stuhl besitzt einen Synchronmechanismus (die Sitzfläche passt ihre Stellung der Lehne an, wenn diese frei bewegt wird, so dass die Person nicht vom Stuhl rutscht)
  • der Stuhl verfügt über eine individuell einstellbare Rückstellkraft, die die Lehne an Ihren Rücken drückt
  • der Stuhl besitzt einstellbare Armlehnen
  • der Stuhl verfügt über eine Dämpfung
  • der Stuhl besitzt eine in Höhe und Neigung anpassbare Kopf- und Nackenstütze
  • der Stuhl hat eine beweglich gelagerte Sitzfläche, die eine verstärkte Sitzflächenvorneigung und –seitneigung ermöglicht

Ein Bürositzmöbel, das auf die Bedürfnisse des Menschen eingeht, sollte einerseits seine Leistungsfähigkeit durch Stützung, Führung und Sicherung fördern. Dies ist durch die Erfüllung von Normen und Prüfzeichen (z.B. TÜV Rheinland) erfüllt. Andererseits soll ein Bürostuhl dem Menschen Bewegungen in allen Ebenen ermöglichen, um die vielfältigen Möglichkeiten des dynamischen Sitzens und die erlernten Sitzübungen aus der Rückenschule anzuwenden. Da ein nach ergonomischen Regeln gestalteter Stuhl keine Garantie für ein beschwerdefreies Sitzen ist, sollte ein richtiges Sitzverhalten unter Anleitung eines Fachmannes erlernt werden. Moderne Rückenschulen lehren Inhalte des dynamischen Sitzens sowie des gesundheitsbezogenen Bewegungsverhaltens am Arbeitsplatz und in der Freizeit. Sie gehen auch auf die Einstellung der Stuhlfunktionen und die richtige Anordnung von Stuhl, Tisch und Monitor ein.

 

Auf welche Produkte lassen sich ergonomische Prinzipien im Dienste der Rückengesundheit anwenden?

Am Arbeitsplatz sind es Maschinen, Werkzeuge, Möbel, die Sicherheitsausrüstung, Kleidung. Im privaten Bereich sind Arbeits- und Küchenwerkzeuge, Wasch- und Arbeitsbereiche, Möbel und Freizeitgeräte (Fahrräder, Betten, Matratzen etc.) zu nennen.

 

 

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