Schwangerschaft und Sport

Körperliches Training und Schwangerschaft sind keine Gegensätze. Schwanger zu sein und ein Baby auf die Welt zu bringen, bedeutet eine harte körperliche, psychische und emotionale Beanspruchung.  Wenn Sie körperlich und seelisch fit sind, meistern Sie eine Schwangerschaft leichter. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass Bewegung und Sport helfen, während der Schwangerschaft weniger Komplikationen zu haben, das Risiko von Fehlgeburt und Kaiserschnitt zu verringern als auch eine leichtere Entbindung zu ermöglichen.

 

Vorteile von Bewegung und sportlicher Aktivität während der Schwangerschaft

Wenn Sie bei Ihrem Arzt geklärt haben, ob und in welcher Form Sie Sport treiben dürfen, können Sie von vielzähligen Vorteilen profitieren. Sie: 

● senken das Thromboserisiko

● verhindern eine übermäßige Gewichtszunahme und Wassereinlagerungen

● lindern Rücken- und Gelenkschmerzen

● verbessern die Sauerstoffversorgung

● optimieren Haltung und Beweglichkeit

● stabilisieren die Hüft-, Knie-, Fußgelenke

● stärken Bein-, Bauch-, Beckenboden- und Rückenmuskeln

● bereiten die Geburt durch Erleichterung der Wehentätigkeit vor

● steigern das allgemeine Wohlbefinden

● verkürzen die Rückbildungszeit des Muskel-Band-Apparats

● erzeugen eine höhere Toleranzgrenze für Schmerz und Stress

● verbessern die Körperwahrnehmung

● stärken das Selbstbewusstsein und die seelische Ausgeglichenheit.

 

Was ist grundsätzlich zu beachten?

Es ist sinnvoll schon vor der Schwangerschaft Sport und Bewegung in Ihren Alltag einzubauen. Dann fällt es Ihnen leichter, während der Schwangerschaft aktiv zu sein und nach der Geburt wieder aktiv zu werden. Insgesamt lässt sich sagen, dass Sie während der Schwangerschaft in einem mittleren Leistungsbereich nicht weniger leistungsfähig sind als Nichtschwangere.

 

Aufgrund der schwangerschaftsbedingten Veränderungen des Organismus ist es wichtig für Sie, das Trainingsprogramm den körperlichen Bedingungen anzupassen:

● Intensive Belastungen sollten Sie aus Rücksicht auf den Fötus meiden

● Der Pulsschlag sollte nicht höher als 130-140 Schläge pro Minute ansteigen

● Sie sollten Sportarten mit Sturz- und Unfallgefahr meiden

● Sich wiederholende sanfte Bewegungen ohne abrupte Richtungswechsel sind zu empfehlen

 

Als Orientierung gilt: Sie sollten jederzeit genug Luft haben, um sich locker unterhalten zu können. Während der Schwangerschaft lässt die Stabilität von Gelenken, Bändern und Muskeln nach. Durch den wachsenden Bauch wird Ihre Beweglichkeit kleiner.

 

Der Stoffwechsel

Alle notwendigen Nährstoffe, aber auch alle Abfallprodukte des Stoffwechsels (z.B. Kohlendioxid) erreichen bei Ihnen den Fötus über die Plazenta (Mutterkuchen). Der Fötus trainiert also mit und profitiert bei moderatem Training von verschiedenen positiven Effekten. Die Bewegung der Schwangeren kurbelt den Kreislauf an, Mutter und Fötus werden so besser mit Sauerstoff versorgt

und Magen und Darm werden angeregt.

 

Hingegen überlastet ein intensives Training schnell und kann durch ein niedriges Sauerstoffangebot für den Fötus gefährlich werden. Der Fötus benötigt hauptsächlich Glukose, die während körperlicher Belastung für das Gehirn von Frau und Fötus bereitgestellt werden muss. Zudem müssen noch Kohlenhydrate für die Muskulatur der Schwangeren zur Verfügung stehen. Während des Sports, vor allem bei einem längeren Training, ist die Gefahr der Unterzuckerung groß. Diese kann die Fötusentwicklung beeinträchtigen. Deshalb ist sinnvoll, das Training mit mehreren drei- bis fünfminütigen Pausen aufzulockern und zuckerhaltige Getränke, Früchte oder Müsliriegel zu sich zu nehmen. Der Energiemehrbedarf beträgt während der gesamten Schwangerschaft nur 250 Kcal  pro Tag (1050 KJ). Das entspricht einer Scheibe Vollkornbrot mit Butter, einer Scheibe Goudakäse, einer Tomate und einem Fruchtjoghurt mit 1,5 % Fett (150 ml). Nach der Geburt erhöht sich dieser Betrag durch die Milchbildung für das Stillen auf rund 500 kcal (2100 KJ).

 

Das Herz-Kreislaufsystem

Die Beanspruchung während einer Schwangerschaft gleicht einem moderaten aber dauerhaften Ausdauertraining. Bis zum Ende der Schwangerschaft erhöht sich das Blutvolumen um bis zu zwei Liter. Das bedeutet für Ihr Herz Mehrarbeit. Es steigert seine Schlagzahl und die Auswurfmenge pro Schlag. Trotzdem steht für sportliche Betätigungen insgesamt weniger Sauerstoff zur Verfügung.

 

Die Atmung

Schon im zweiten Monat der Schwangerschaft lassen sich Veränderungen der Atmung feststellen. Die Effekte ähneln denen des Herzens: Atemfrequenz und das Volumen pro Atemzug erhöhen sich, um die gesteigerten Belastungen des Organismus auszugleichen. Obwohl Sie mehr Sauerstoff aufnehmen können, reduziert sich durch den Mehrbedarf (Fötus) die Menge an Sauerstoff, die für sportliche Leistungen zur Verfügung steht. Im Laufe der Schwangerschaft wird das Atmen schwerer, weil die Gebärmutter auf das Zwerchfell drückt.

 

Die Haltung

Durch den wachsenden Bauch und die Vergrößerung der Gebärmutter kommt es bei Ihnen zu einer Beckenkippung und Oberkörperrücklage. Sie müssen bis zum Ende der Schwangerschaft 10 bis 18 kg zusätzliches Körpergewicht tragen.

 

Muskeln, Bänder, Gelenke

Während der Schwangerschaft, aber auch in den ersten Monaten nach der Geburt, sind Frauen wesentlich anfälliger für Rückenprobleme. Über 50 % der Frauen leiden während der Schwangerschaft oder nach der Geburt an Rückenschmerzen. Ursache ist das elastischer werdende Gewebe der Bänder und Gelenke. Dieser Mechanismus soll die bevorstehende Geburt erleichtern. Der wachsende Fötus, das Gewicht der Plazenta sowie die erhöhte Wasseransammlung drücken auf Beckenboden und Bauchwand. Dies stellt eine enorme Belastung der betroffenen Muskelgruppen dar und sollte bei der Auswahl der Kräftigungsübungen unbedingt berücksichtigt werden. Eine Entlastung der stark belasteten unteren Wirbelsäule ist über die Seitlage (Kissen zwischen den Knien) oder eine Rückenlage (Kissen unter den Knien) möglich.

 

Der Beckenboden

Der Beckenboden ist ein Verbund von Muskeln und Bindegewebe, eingeteilt in 3 Lagen. Er ist so groß wie Ihre Hand und schließt das Becken nach unten ab. Wie auch jeder andere Muskel kann er trainiert werden. Er macht fast jede Bewegung Ihres Körpers mit, von der Atembewegung bis zum Jogging und hält unseren gesamten Körper aufrecht, stabilisiert Kreislauf und Atmung. Wenn er gut trainiert ist, steigert er sogar den Spaß an Sexualität. Auch lässt er Gebärmutter und Blase umso besser funktionieren, je besser er trainiert ist. Trotzdem ist der Beckenboden für viele Frauen und Männer eine "unbekannte Welt": Nur ungefähr jede dritte Frau weiß, wie sie den Beckenboden aktiv richtig anspannen kann.

 

Entsprechend vielfältig sind die Symptome, die sich zeigen, wenn Ihr Beckenboden seine Funktion nicht richtig erfüllt. Ist der Beckenboden zu schwach oder verspannt, kann es zu Beschwerden kommen wie Belastungsinkontinenz, Blasensenkung, Gebärmuttersenkung, Reizblase und Dyspareunie (Schmerzen beim Geschlechtsverkehr).

 

Rektusdiastase

Durch das Dehnen der Bauchmuskulatur entsteht bei Ihnen ab dem fünften Schwangerschaftsmonat oft eine Rektusdiastase. Sie meint das Auseinanderweichen der geraden Bauchmuskulatur weg von der Bauchmitte nach rechts und links. Der entstehende Spalt bildet sich jedoch innerhalb einiger Monate nach der Geburt wieder zurück. Eine Kräftigung der schrägen Bauchmuskeln unterstützt diese Rückbildung. Die Gefahr eines Einklemmens von Eingeweiden besteht dabei nicht, da kein Bruch vorhanden ist.

 

Weitere Beschwerden durch die Schwangerschaft

Neben Rückenbeschwerden kann es zu Kniegelenks- und Hüftbeschwerden kommen. Auch hier wirkt sich für Sie ein Training der Muskulatur positiv aus. Durch die elastischer werdenden Bänder besteht die Gefahr eines Umknickens am Fußgelenk, die durch die Gewichtszunahme zusätzlich verstärkt wird. Durch Gleichgewichts- und Muskeltraining wirken Sie diesem Risiko entgegen.  In den letzten Schwangerschaftsmonaten lagert sich Wasser im Bindegewebe ein, was zu einer verminderten Beweglichkeit an den Fuß- und Handgelenken, Nervenfunktionsstörungen an Händen und Füßen sowie Muskelschwächen führen kann. Außerdem kann das Karpatunnelsyndrom entstehen, bei dem es durch Flüssigkeitseinlagerung im Bereich des Handgelenks zu Schmerzen mit Beeinträchtigung der Handnerven kommt.

 

Empfehlung während des ersten Drittels der Schwangerschaft:

● Sanftes Ausdauertraining

 

Empfehlung während des zweiten Drittels der Schwangerschaft:

● vielseitiges Ausdauertraining

● leichte Kräftigungsübungen der Bauch- und Schultergürtelmuskulatur

● Kräftigung der Rumpf- und Beinmuskulatur

● Stabilisierung der Gelenke

 

Empfehlung während des dritten Drittels der Schwangerschaft:

● Ausdauertraining im Wasser

● Übungen zur Linderung der Rückenschmerzen

● kein Training der geraden Bauchmuskeln mehr, da sich diese dehnen müssen, aber

● Training der schrägen Bauchmuskeln, Mattengymnastik

 

Welche Sportarten dürfen Sie in der Schwangerschaft betreiben?

Empfohlene Sportarten (bis 130 Herzschläge pro Minute):

● Gymnastik

● Tanzen

● Schwimmen und Aquagymnastik (Wassertemperatur nicht unter 20°C und nicht über 35°C)

● Wandern bis 2000 m Höhe

● Jogging (nicht als Einsteigerin)

● Radfahren (Sturzgefahr)

 

Erlaubt, aber nur mit niedriger Belastung:

● Rudern

● Skilanglauf (nicht über 1500 m Höhe)

● Tennis

● Squash

● Badminton

● Tischtennis

● Segeln

 

Nicht zu empfehlen, aber bedingt erlaubt (Sturz- und Verletzungsgefahr)

● Schlittschuhlauf

● Inline-Skating

● Leichtathletik

● Reiten

● alpiner Skisport (bis 2000 m Höhe)

 

Bei folgenden Symptomen sollten Sie eine sportliche Betätigung einstellen und einen Arzt aufsuchen:

● plötzliche Hitzewallungen

● Schwindel

● Schwarzwerden vor den Augen

● verschwommenes Sehen

● Ohnmachtsgefühl

● Krämpfe

● Kurzatmigkeit

● Herzklopfen

● Desorientierung

● Unterbauchschmerzen

● Schwellungen der Hände, Füße, Gesicht

● Starke Kopfschmerzen

● Brustschmerzen

 

Bei folgenden Voraussetzungen sollten Sie nur eingeschränkt und nach ärztlicher Absprache Sport betreiben:

● Anämien

● Schilddrüsenerkrankungen

● Diabetes Typ1

● Über- oder Untergewicht

● Arrhythmien

● Beckenendlage im 3. Schwangerschaftsdrittel

● extrem bewegungsarmer Lebensstil

● hoher Zigarettenkonsum

 

Bei folgenden Voraussetzungen sollten Sie keinerlei sportliche Betätigung zeigen:

● Herzerkrankungen

● Einschränkungen der Lungenfunktion

● akute Infektionsgefahr

● sich wiederholende Aborte

● Blasensprung

● Nabelschnurumschlingungen

● fetale Minderversorgung

● intrauterine Wachstumsretadierung (nicht ausreichendes kindliches Wachstum)

● Plazenta praevia, (Verschließung des Muttermundes und somit des Geburtskanals durch die Plazenta)

● Zervixinsuffizienz (Verkürzung des Gebärmutterhalses und vorzeitige Öffnung des Muttermundes, was zu einer Frühgeburt führen kann)

 

Die ersten Wochen nach der Geburt.

Der Wunsch, nach der Schwangerschaft so schnell wie möglich wieder so auszusehen und fit zu sein wie vor dieser, ist verständlich. Sie sollten aber beachten, dass der Körper nach einer Schwangerschaft mindestens ein Jahr braucht, um wieder auf den Stand zu kommen, auf dem er vor der fortgeschrittenen Schwangerschaft war. Ihre Beckenbodenmuskulatur wurde während der Schwangerschaft und der Geburt stark gedehnt und muss langsam aufgebaut werden. Ebenso sollten Sie Ihre Bauchmuskulatur in den ersten Wochen nach der Geburt nicht intensiv trainieren, da dies zu einer Schwächung Ihrer Beckenbodenmuskulatur und zu einer Gebärmuttersenkung führen kann. Sie sollten vielmehr Wahrnehmungs-, Entspannungs- und Kräftigungsübungen für den Beckenboden und zur sanften Kreislaufaktivierung durchführen.

 

Die ersten Monate nach der Geburt

Sechs bis acht Wochen nach der Geburt sollten Sie mit Rückbildungsgymnastik beginnen. Nach der Geburt sind die Beckenboden- und Bauchmuskeln überdehnt sowie das Bindegewebe und die Bänder im Becken gelockert. Aus diesen Gründen und zur Prävention von Inkontinenz, Blasen- und Gebärmuttersenkung empfehlen wir jeder Frau nach der Geburt gezielte Rückbildungsgymnastik unter Anleitung. Die Übungen sollen das gelockerte Körpergewebe und die gedehnten Muskeln und Bänder wieder sanft aufbauen sowie die Rückbildung der Gebärmutter unterstützen Sanfte, gezielte Kräftigungs- und Wahrnehmungsübungen wirken stabilisierend auf Beckenboden, Becken und Bauch. Sie unterstützen die Heilung der Dammnaht und die Rückbildung der Gebärmutter. Ihr persönlicher Trainer oder Ihre Hebamme zeigen Ihnen sachkundig wie sie Ihren Beckenboden aktivieren, und Entspannungsübungen anwenden. Wenn Ihr Frauenarzt oder Ihre Hebamme Ihnen einen intakten und gut funktionsfähigen Beckenboden bestätigt haben, dann dürfen Sie wieder intensiver Sport treiben. Am besten mit Sportarten, die wiederholende sanfte Bewegungen und keine abrupte Richtungswechsel beinhalten, wie beispielsweise:

● Walking

● Schwimmen

● Kräftigungsgymnastik mit Schwerpunkt Rücken, Bauch und Beckenboden

● Pilates

● Yoga

 

Vorsicht geboten ist bei folgenden Sportarten:

● Jogging

● Tennis

● Volleyball

● Aerobic

● Fitnesstraining ohne Anleitung

 

Tipp: Bauchtraining

Um beim Bauchtraining die Beckenbodenmuskulatur nicht zu schaden, sollten Sie:

● grundsätzlich mit Beckenboden- und Bauchspannung trainieren,

● weniger klassische Crunches (Oberkörper rollt ein) ausführen, sondern öfter die Übung, bei der Sie Becken und Beine heben, während sie mit dem Rücken auf dem Boden liegen sowie verstärkt Übungen zur schrägen Bauchmuskeln, damit sich die Rektusdiaste schneller schließt,

● zumindest für die ersten Trainingseinheiten einen kompetenten persönlichen Trainer engagieren. Er wird Ihnen die effektivsten und sichersten Übungen zeigen sowie die Details der einzelnen Übungen so vermitteln, dass Sie Ihre Ziele möglichst schnell und ohne Risiken erreichen.

 

Tipp: Richtiges Verhalten 

Neben der Stärkung der Muskulatur, ist das rücken- und gesundheitsgerechte Verhalten mit dem Säugling sowie das Benutzen von Produkten, die dieses Verhalten unterstützen, wichtig. Dies schließt das richtige Heben, Bewegen und Tragen des Babys genauso ein wie ausreichend hohe Arbeitsflächen in der Küche oder den Kauf eines rückengerechten Kinderwagens. 

 

 

Kontakt

André Boumezrag

Altstraße 10

51063 Köln

 

Mobil: 0177 3596094

Mail: info@back-academy.de

 

 

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